Geschichte
Würselen - heute
Im Folgenden werden ausgewählte Bilder aus dem Teil 2 des Buches "Würselen" vorgestellt. Das Buch ist 1969 erschienen. Dieses Jahr ist das "Heute" dieses Buches. Alle Bilder sind also von ca. 1968 oder früher.
Gedenkmedallie der Stadt Würselen zur 1100-Jahrfeier im Jahre 1970
Ehrenring der Stadt Würselen
Amtskette des Bürgermeisters zur 1100-Jahrfeier gestiftet vom Heimatverein Würselen
Hallenbad am Wisselsbach
Die Kaiserstraße ist die Hauptgeschäftsstraße und wichtige Verkehrsader Würselens (ca. 1965).
Sagenumwoben: Würselens „Original-Düvel“ im Turm der Pfarrkirche St. Sebastian
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Würselen - Geschichte einer Stadt
Aufbereitung für elektronische Medien
Dr. Karl-Wilhelm Hirsch
Vorwort für die Aufbereitung des Buches für elektronische Medien
Verwertungsrechte, Veröffentlichungsrechte
Die Verwertungsrechte für das Werk liegen bei der Stadt Würselen als Herausgeber.
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Mit Schreiben vom 15.01.2019, Aktenzeichen 11.02.06.60, hat der Bürgermeister der Stadt Würselen die Genehmigung erteilt, dieses Werk auszugsweise im Vollzitat mit Quellennachweis auf der Webseite www.webwuerselen.de zu veröffentlichen
Erster Teil
Geschichte einer Stadt
(im Vollzitat)
Inhalt
Zweiter Teil
Würselen heute
(ausgewählte Bilder)
Würselen heute - ausgewählte Bilder
Wo sich die Römerstraßen kreuzten
Eine Münze, die nach dem Gottesdienst im Klingelbeutel der Würselener Pfarrkirche St. Sebastian gefunden wurde, gehört zu den frühesten historischen Zeugnissen über die Geschichte der Stadt Würselen. Ein Bauer hatte sie vielleicht beim Pflügen auf seinem Acker gefunden und sich, da er sie wegen der fremden Aufschrift für wertlos hielt, bei der Kollekte leichten Herzens von ihr getrennt. Sie war aber, obwohl aus einfachem Erz, ganz und gar nicht wertlos. Zusammen mit anderen Funden legt diese Münze, die ein Bildnis des römischen Kaisers Valentinian I. (364—375) trägt, Zeugnis dafür ab, dass das Gebiet der Stadt Würselen schon zur Römerzeit besiedelt war. Zwei Römerstraßen, die Straße von Malmedy über Aachen nach Geilenkirchen-Heinsberg und eine zweite von Herzogenrath nach Verlautenheide, kreuzen sich hier. Eine dritte Römerstraße bildet heute die Gemeindegrenze gegen Broichweiden.
Die an den Wegekreuzungen gelegenen Römerlager wuchsen mit der Zeit durch hinzuziehende Kaufleute, Handwerker und Bauern ziemlich regellos und ohne eigentliche Planung zu größeren Siedlungen. So wird es auch im Falle Würselens gewesen sein. Jedenfalls wurden in der Würselener Flur „Mauerfeldchen" Mauerreste und Estrichboden einer römischen Villa freigelegt, an vielen Stellen fand man Tonkrüge, Schalen und Glasgefäße, und in dem früheren Elchenrath wurden sogar Überreste einer römischen Ziegelei entdeckt. Hinzu kommen die schon erwähnten Funde römischer
Hinzukommen die schon erwähnten Funde römischer Münzen. Sie sind benannt nach dem aufgeprägten Kopf des jeweiligen Kaisers und sorgfältig nach ihrem Fundort registriert:
Münzfunde aus der Römerzeit
Kaiser Galba (68—69), Silber, gefunden 1860 in der Nähe des nach Scherberg gehenden Weges an der sogenannten Judenstatt;
Kaiser Caligula (37 - 41), Erz, gefunden 889 zwischen Dobach und St. Jobs seitlich des Grünen Wegs;
Kaiser Konstantin 'der Große (306 - 337), gefunden 1865 unweit des Bahnhofs Würselen, und schließlich die uns bereits bekannte Valentinian-Münze:
Kaiser Valentinian l, (364 - 375), Erz, gefunden im Klingelbeutel der Pfarrkirche Würselen.
Die Geschichte der heutigen Stadt Würselen, soweit sie durch historische Zeugnisse überliefert ist, beginnt also, wie so vieles im abendländischen Kulturkreis, bei den Römern. Zwar war das Aachener Gebiet bereits einige Jahrtausende vor der Römerzeit besiedelt. Man weiß aus Funden, dass schon um das Jahr 2000 vor Christus Steinzeitmenschen hier gelebt haben, aber es gibt aus dieser Zeit keine Hinweise auf eine menschliche Siedlung im Gebiet von Würselen. Dennoch sollten wir ein wenig bei der älteren Geschichte des Aachener Landes verweilen.
Töpfereien aus einem germanischen Grab bei Kaisersruh
Auf die Steinzeit folgte von etwa 1800 bis 800 vor Christus die Bronzezeit. Ihr schlossen sich die älteste Eisenzeit und ab etwa 500 vor Christus die jüngere Eisenzeit an. Zu diesem Zeitpunkt siedeln im Aachener Land die Gallo-Kelten, ein ursprünglich aus Asien stammendes Volk, das sich über ganz Westeuropa ausgebreitet hatte. Die Kelten können sich jedoch nicht lange ihres uneingeschränkten Besitzes erfreuen. Von der rechten Seite des Rheins dringen germanische Stämme in das gallo-keltische Grenzland ein, unter ihnen ein besonders kriegerisches Volk, dessen wehrfähige Männer ausgezeichnete Reiter sind und das sich nun im Aachener Raum niederlässt ‑ die Eburonen.
Mit den Kelten verstehen sich die Eburonen zwar noch zu arrangieren, sie nehmen teilweise sogar deren Lebensformen an, betreiben Ackerbau und Viehzucht und schmieden aus selbst gewonnenem Eisen kunstvollen Schmuck und Waffen. Als aber im ersten Jahrhundert vor Christus römische Legionen das Land bis an den Rhein erobern, besinnen sich die Eburonen auf ihre kriegerische Vergangenheit. Im Jahre 57 vor Christus stellen sie sich zum Kampf und fügen dem römischen Heer große Verluste zu. In einem Aufstand gegen die Besatzung aus Rom werden im Jahre 54 vor Christus fünfzehn römische Kohorten vernichtet, rund 8000 Mann. Aber die Freude über diesen Sieg ist nicht von langer Dauer. Schon ein Jahr später bricht Julius Cäsar zu einem Rachefeldzug gegen die Eburonen auf, bei dem ihre Dörfer und Gehöfte niedergebrannt und die meisten Bewohner getötet werden. Das Vernichtungswerk ist auch im Aachener Raum so gründlich, dass die Eburonen fortan als geschlossener Volksteil nicht mehr existieren.
Die Römer, ließen das verwüstete Gebiet nicht lange unbesiedelt. Sie wiesen das Land westlich der Wurm den keltischen Stämmen der Segnier und Kondruser zu, während sie östlich der Wurm die Ubier, einen germanischen Stamm von der unteren Lahn, ansiedelten. Schon hier beginnt sich die Bedeutung des Wurmbaches für die späteren Gebietsansprüche abzuzeichnen: Bei allen politischen und kirchlichen Aufteilungen in den folgenden Jahrhunderten bildete die Wurm stets die wichtigste natürliche Grenze.
Das machte sich bereits im 5. Jahrhundert bei der Völkerwanderung bemerkbar, als fränkische Stämme in den Aachener Raum eindrangen. Die ripuarischen Franken (Uferfranken) besetzten das Gebiet östlich der Wurm und vermischten sich hier mit den Ubiern, während salische Franken sich in Aachen selbst und in den westlich der Wurm gelegenen Gemeinden das Gebiet mit den Kondrusern teilten. Bis in unsere Zeit können die Sprachforscher die Trennungslinie zwischen den Stämmen an den verschiedenen Mundarten feststellen.
Das ist die Gelegenheit auf die die ein germanischer Volksstamm von der rechten Seite des Rheins, schon lange gewartet haben. Aus dem Land zwischen Rhein und Weser, vom Westerwald, von der Sieg, aus dem Sauerland stoßen sie über den, Rhein vor. Zahlreiche Siedlungen fallen ihnen zum Opfer, ehe die politische und militärische Herrschaft der Römer auch im Bereich des heutigen Landkreises Aachen endgültig zusammenbricht zugleich mit dem Untergang des weströmischen Reiches im Jahre 476.
Aber die Zeit des fränkischen Reiches ist noch fern. Vorerst einmal beherrschen die Römer fast 500 Jahre den linksrheinischen Raum. Nach blutigen Eroberungskriegen und der Befestigung ihrer Herrschaft begann, auch für das Aachener Gebiet eine vielhundertjährige Friedenszeit, in der die einheimische Bevölkerung von den kulturell hochstehenden Römern vieles lernen konnte. Die Römer brachten Handwerk und Landwirtschaft zu hoher Blüte, sie entwickelten den Bergbau auf Eisen und Galmei, betrieben in vollendeter Form die Kunsttöpferei und waren Meister der Baukunst; nicht nur beim Bau von Wohnungen, sondern auch von Straßen, Brücken und Wasserleitungen. In diesen Jahrhunderten einer gesicherten, friedlichen Entwicklung wird auch die an Stelle der heutigen Stadt Würselen entstandene Siedlung am Kreuzungspunkt der beiden Römerstraßen ihren Aufschwung genommen haben. Gefahren durch feindlich gesinnte Nachbarn wurden durch die römischen Besatzungstruppen abgewehrt. So störte nichts das Bild eines ungetrübten Friedens, bis im Jahre 416 das von schweren inneren Auseinandersetzungen zerrüttete, von äußeren Feinden bedrohte Rom seine Truppen aus den besetzten Gebieten zurückrufen musste.
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Zwischen den Fronten
Die letzten Jahre des zweiten Weltkrieges sind die schwersten, die Würselen in seiner vielhundertjährigen Geschichte je zu überstehen hatte. Sie beginnen mit einer fast ununterbrochenen Folge von Fliegeralarmen, bei denen zahlreiche Häuser zerstört und viele Würselener getötet werden. Bei den Großangriffen auf die benachbarte Stadt Aachen bleibt auch Würselen selten verschont; Die Bevölkerung ist im Luftschutz geschult worden, bei Einbruch der Dämmerung müssen alle Häuser, die Straßenbeleuchtungen und Fahrzeuge verdunkelt werden. In den Kellern der Häuser sind Luftschutzräume eingerichtet, die Häuser selbst durch Kellerdurchbrüche als Fluchtwege verbunden. Alle Kellerlöcher haben wegen der Splittergefahr Abdichtungen erhalten. Außerdem sind im Sodaberg, bei den Singerwerken, in der Zechenhausstraße, der Balbinastraße und Aachener Straße Stollen angelegt worden; die der Bevölkerung bei Luftangriffen Schutz bieten sollen. Aber trotz all dieser Maßnahmen sind immer wieder Todesopfer zu beklagen.
Am 12. September 1944 wird zum letzten Mal Fliegeralarm gegeben. Es ist der 532. Alarm, wie eine Würselener Einwohnerin in einem Tagebuch vermerkt. Aber vergeblich warten die in der Stadt zurückgebliebenen Einwohner auf die Entwarnung. Sie erfolgt nicht mehr. Stattdessen schlagen am nächsten Tag die ersten Granaten in Würselen ein, der Kampf der vorrückenden Amerikaner um die Stadt hatte begonnen. Von nun an liegt das Gebiet von Würselen drei Monate lang unter ständigem Beschuss.
Pfarrkirche St. Sebastian nach dem zweiten Weltkrieg
Der Angriff der amerikanischen Truppen galt in erster Linie der Eroberung Aachens. Bis zum 21. September war Aachen von fast allen Seiten umfasst. Nur über die Krefelder und Jülicher Straße bestand noch eine lose Verbindung zum Hinterland, der „Schlauch von Würselen", der in jenen Tagen in den Kriegsberichten oft erwähnt wurde Aber auch sollte nicht mehr lange offenbleiben. In der am 2. Oktober 1944 beginnenden zweiten Schlacht um Aachen, bei der auch erbitterte Kämpfe um Bardenberg und Würselen und die dortigen Bunkerstellungen tobten, wurde der Schlauch immer mehr eingeschnürt, bis am 16. Oktober die Riegelstellung nicht länger gehalten werden konnte und Aachen völlig abgeschlossen wurde.
Am 21. Oktober erschien auf dem Bunker des Aachener Kampfkommandanten die weiße Fahne: Die deutschen Truppen ergaben sich den Streitkräften der I. US-Division.
In Würselen waren zu dieser Zeit von den rund 15000 Einwohnern nur wenig mehr als 1000 zurückgeblieben. Alle übrigen hatte man zum Teil unter Zwangsmaßnahmen evakuiert. Evakuiert war auch die Stadtverwaltung, die zunächst nach Stetternich im Kreis Jülich und von dort nach Hennef an der Sieg verlegt wurde. Eine ihrer Hauptaufgaben bestand zu diesem Zeitpunkt darin, die Anfragen der aus Würselen evakuierten Bürger zu beantworten, die aus allen Teilen Deutschlands eintrafen und in denen um Auskunft über das Schicksal von Angehörigen gebeten wurde.
Aber bleiben wir in Würselen bei jenen, die weder durch Überredung noch durch Drohungen zu bewegen waren, ihre Heimat vor der heranrollenden Kriegslawine zu verlassen, um sich in Sicherheit bringen. Ihr Schicksal wird in einem zeitgenössischen Bericht geschildert:
„Die nach all den Drangsalen, Nötigungen und Drohungen durch die Parteimänner in Würselen verbliebene Bevölkerung kampierte in den Kellern ihrer zerschossenen Häuser oder in den Stollen. Stellenweise hatten sich Kellergemeinschaften gebildet.
Hunderte von Männern und Frauen mussten Tag und Nacht ohne Unterbrechung in den Stollen zubringen. Dort war es fast immer dunkel und feucht; Das Wasser tropfte von den Wänden und Decken, der Boden war nass. An manchen Stellen stand das Wasser eine Handbreit hoch. Fast niemand konnte mehr liegen; die Menschen mussten stehen oder sitzen. Die Wasserversorgung war ebenso unterbrochen wie die Versorgung mit Licht. Man behalf sich mit Kerzen, soweit solche aufzutreiben waren.
Die Kartoffelernte konnte wegen des starken Beschusses und der Minengefahr nicht mehr eingebracht werden. Wer trotzdem versuchte, Kartoffeln heimzuholen, tat dies auf eigene Gefahr. Milch für die Säuglinge war kaum noch aufzutreiben.
Die Bevölkerung lebte von vorhandenen Lebensmittelvorräten und dem umherlaufenden und angeschossenen Vieh, das notgeschlachtet und verteilt wurde. Bei dieser Lage mussten die Lebensmittelrationen auf das Äußerste beschränkt werden. Nur während der kampffreie Zeit - früh, während der Mittagzeit und in den Abendstunden zwischen 5 und 6 Uhr war es möglich, Wasser aus einem intakt gebliebenen Brunnen heranzuholen.
Viele, die ihren Schlupfwinkel verließen, um frisch zu schöpfen, mussten dies mit Verletzungen oder gar mit dem Tod bezahlen. Einem sechszehnjährigem Mädchen wurde beim Wasserholen am Knopp durch Granatsplitter der Kopf abgerissen. Die Toten konnten vielfach nicht mehr auf dem Friedhof beerdigt werden, sondern wurden da begraben, wo das Schicksal sie ereilt hatte.“
In der Nacht zum 9. Oktober 1944 rollten die ersten amerikanischen Panzer durch die Gouleystraße und nahmen Morsbach. Trotz heftiger Gegenwehr gelang es den Amerikanern auch die nächsten Ortsteile Schweilbach und Scherberg zu besetzen. Die Aachener Straße und die Krefelder Straße bildeten jetzt die Hauptkampflinie, an der sich die vordersten Kampftruppen, nur durch eine Straßenbreite getrennt, gegenüberlagen.
Auf der deutschen Seite wurden noch einmal starke Panzereinheiten eingesetzt, die eine Wendung herbeiführen sollten. Es gelang ihnen jedoch nicht, die Amerikaner, die die Angriffe mit Artilleriefeuer beantworteten, aus den besetzten Ortsteilen zu werfen. Andererseits konnten auch die Amerikaner im Kampf um das Zentrum von Würselen keine Geländegewinne verzeichnen, obwohl sie am 18. Oktober den Stadtkern mit schweren Bomben belegt hatten, um einen -schnellen Fortgang der Operation zu erzwingen.
Fast sechs Wochen ging die Front mitten durch Würselen. Da setzten die Amerikaner am 17. November 1944 zum entscheidenden Schlag an. Die verstörten, von Schrecken gelähmten Menschen, die in den Luftschutzkellern und Stollen bisher die Schlacht überlebt hatten, mussten ein fast dreistündiges Trommelfeuer über sich ergehen lassen.
Man schätzt, dass dabei 5000 bis 6000 Granaten auf das Stadtzentrum niedergingen; In die unheimlichen Stille, die dem Beschuss folgte, mischte sich am Morgen um 10 Uhr das Klirren der Panzerketten, als die ersten amerikanischen Panzer, ohne nennenswerten Widerstand zu finden, Würselen bis zur Bahnlinie Neuhäuserstraße - Friedrichstraße besetzten. Sie eroberten einen Ort, der durch die wochenlangen Kämpfe in ein grausiges Trümmerfeld verwandelt worden war, in dem berghohe Schutt- und Geröllmassen die Straßen bedeckten, so dass Räumpflüge eingesetzt werden, den Panzern einen Weg zu bahnen.
Das zerstörte Rathaus
Hören wir noch einmal den Bericht aus jenen Tagen: „An diesem Morgen zählte man 178 Männer, Frauen und Kinder, die aus den Kellern kamen. Jeder. hatte geglaubt, dass er der einzige Überlebende sei. Die Stadt war wie ausgestorben, und jeder fühlte das Unheimliche dieses Zustandes. Die ausgestandene Angst stand den Menschen noch immer in den Augen. Sie hatten sechs Wochen in vorderster alles miterlebt, was ein Krieg mit sich brachte, und eine ungeheure Nervenprobe bestanden."
In der Nacht vom 17. zum 18. November verließen die letzten deutschen Soldaten die Ortsteile Oppen und Haal. Am 18. November besetzten die Amerikaner morgens auch diese beiden Stadteile. Für Würselen war damit der totale Krieg zu Ende. Er hinterließ eine zu 79 Prozent zerstörte Stadt, verwüstete Straßen, aufgewühlte und verminte Felder, minenverseuchte Wege, Drahtverhaue; zersplitterte Baumstümpfe, Erdlöcher und Schützengraben - da, wo einstmals eine blühende Stadt gestanden hatte.
Hier endet genaugenommen die Geschichte Würselens, die Geschichte einer Stadt, wenn man Geschichte als die Darstellung des Vergangenen auffasst. Alles, was in den letzten 25 Jahren in Würselen geschah und noch geschieht, ist lebendige Gegenwart, blutvolle, von uns allen gestaltete und miterlebte Gegenwart, Aber eines Tages wird auch sie zur Geschichte dieser Stadt gehören. Es liegt an uns, an den Bürgern eines demokratischen Staates und einer demokratisch verwalteten Stadt, mitzubestimmen, wie diese später einmal geschrieben wird.
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Würselen wird Stadt
Durch den passiven Widerstand der Behörden und der Bevölkerung gegen die Besatzungsmächte wurde das besetzte Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg vom übrigen Deutschland völlig abgeschnitten. Viele Arbeiter wurden in dieser Zeit brotlos. Die Inflation tat ein Übriges, um Armut und Hunger immer fühlbarer werden zu lassen.
Würselen Markt Kirche St. Sebastianus zur Jahrhundertwende
Als die Not auf das Höchste gestiegen war, zogen in Würselen viele Arbeitslose vor das Rathaus und forderten die Erlaubnis zum Requirieren von Vieh, Getreide und Lebensmitteln bei den Landwirten und Geschäftsleuten. Da man ihnen diese Erlaubnis nicht geben konnte, griffen die Arbeitslosen in ihrer Verzweiflung zur Selbsthilfe und holten sich, was sie für sich und ihre Familien zum Leben brauchten.
Mit Ausnahme weniger Jahre war Würselen nach dem Ersten Weltkrieg fast ununterbrochen bis zum Jahre 1930 von belgischen Truppen besetzt. Die Kosten für diese Besatzung waren beträchtlich.
Ihre wirkliche Höhe lässt sich heute allerdings nur schwer schätzen da die Milliardenbeträge, mit denen man während der Inflation rechnete, das Bild verwirren. So muss etwa im Jahre 1923 in Würselen 41 Billionen 687 Milliarden Mark an Besatzungskosten aufgebracht werden.
Erst am 30. November 1930, zwölf Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wurde Würselen endgültig von den Besatzungstruppen geräumt.
Trotz der ernsten Zeiten, in denen man damals lebte, wird uns aus dem Jahre 1923 eine Begebenheit überliefert, über die man heute noch schmunzeln möchte, eine Eulenspiegelei reinsten Wassers, mit deren Hilfe der damalige stellvertretende Bürgermeister die Einnahme des Rathauses durch die Separatisten verhinderte. Die Separatistenbewegung, die sich angeblich für ein „freies, unabhängiges Rheinland“ einsetzte, war bis dahin in Würselen kaum in Erscheinung getreten.
Das Würselener Stadtwappen
Nun aber war einer ihrer Abgesandten in Würselen aufgetaucht und versuchte, Anhänger zu gewinnen. Um die Behörden zu provozieren, schlug er zwei Plakate am Rathaus an, auf denen die „Rheinische Republik“ ausgerufen wurde. Als ein Beamter ihm dies verbot, fuchtelte er mit einer Pistole herum, stieß wilde Drohungen aus und verschwand schließlich, um Verstärkung zu holen.
Dieser Zwischenfall veranlasste den stellvertretenden Bürgermeister, erhöhte Alarmbereitschaft anzuordnen, alle Polizeibeamte - es waren wenig genug - im Rathaus zu versammeln. Tatsächlich erschienen in der Nacht 22. zum 23. Oktober 1923 annähernd 300 Separatisten, um das Rathaus zu stürmen. Die Belagerten öffneten ein vergittertes Fensterchen in der Rathaustür und gaben damit den Separatisten Gelegenheit, einen Blick in das Innere zu werfen. Was sie dort sahen, musste ihnen das Blut in den Adern gefrieren lassen. Das Rathaus wimmelte scheinbar von schwerbewaffneten Polizisten. In Wirklichkeit war es jedoch nur eine Handvoll Beamte, die ständig mit Gewehren am Arm auf dem Flur hin- und herliefen und damit bei den Beobachtern den Eindruck einer großen Zahl erweckten.
Und was die Gewehre betrifft – sie waren nichts weiter als Attrappen, Holzgewehre, die nicht einmal der Polizei sondern einer Schützenbruderschaft gehörten, da die Polizei auf Anweisung der Besetzung über richtige Waffen kaum verfügen durfte. Das Täuschungsmanöver gelang jedoch vortrefflich: Gegen eine solche Macht wagten die Separatisten nicht anzukämpfen und zogen wieder ab. In Würselen lachte man noch nach Jahren über diese Affäre, bei der auch Beamte einmal bewiesen -hatten, dass sie jederzeit in der Lage sind; auf einen Schelm anderthalbe zu setzen.
Und man konnte umso herzhafter darüber lachen, als sich sonst in den schweren Nachkriegsjahren zum Lachen wenig Anlass bot. Auch ein Ereignis, das man zu schweren Zeiten sicherlich mit großer Freude gefeiert hätte, vermochte in der Besatzungszeit nicht die rechte Stimmung zu wecken: 1924 wurde Würselen, inzwischen auf rund 14 500 Einwohner angewachsen, Stadt.
Mit besonderem Stolz konnte man nun das Stadtwappen zeigen. In seinem ersten Feld breitet der schwarze Reichsadler seine Schwingen aus und erinnert an die mittelalterliche Zugehörigkeit Würselens zum Aachener Reich.
Die zweite Vierung des Wappens füllt ein grünes Feld mit silbernem Wellenbalken. Es bezieht sich auf die geographische Lage Würselens an der Wurm, die ja auch in ihrem Stadtnamen zum Ausdruck kommt.
Das dritte, gleichfalls grüne Feld zeigt über einem goldenen Dreiberg silberne Schlägel und Eisen mit goldenen Stielen: Symbol für den Steinkohlebergbau, der durch Jahrhunderte für das wirtschaftliche Leben der Stadt bestimmt hat.
In der letzten Vierung schließlich enthält das farbenprächtige Wappen auf silbernem Feld ein schwarzes Balkenkreuz, das die frühere kirchliche Zugehörigkeit des Ortes zum Erzstift Köln hinweist.
Mit dem Wappen allein war es indes nicht getan. Die Erhebung Würselens zur Stadt brachte zahlreiche neue Aufgaben auf sozialem, kulturellem und baulichem Gebiet. Gerade für Würselen war die Frage der Raumplanung und Stadtgestaltung nicht leicht zu lösen, weil die Stadt keinen eigentlichen Mittelpunkt besitzt, um den man in organischem Aufbau wachsende Wohn- und Siedlungsgemeinschaft hätte gruppieren können.
Schweilbach, Scherberg, Morsbach und andere Ortsteile hatten schon nach ihrer Herkunft als fränkische Einzelgüter oder Marktgenossenschaften stets eigenständige Siedlungstendenzen. Selbst die gemeinsame Würselener Pfarrkirche als bedeutsamstes Zentrum mittelalterlicher Gemeinschaft vermochte diese selbständigen Ortsteile kommunalpolitisch kaum näher aneinander zubringen.
Es bedurfte daher aller Anstrengungen des Rates und der Verwaltung, um Würselen zu einem organischen Ganzen zusammenzuschweißen. Entscheidend hierfür waren die baulichen Planungen, die in den Jahren 1934 und 1939 durch Erwerbung des Industriegeländes zwischen Krefelder Straße und Elchenrather Straße eingeleitet wurden.
Inzwischen hatten sich mit der Übernahme der Herrschaft durch die Machthaber des Dritten Reiches auch im Kommunalen einschneidende Veränderungen ergeben. Viele aufrechte Männer wurden von den neuen Herren wegen angeblichen „politischen Missverhaltens“ aus ihren Ämtern und Stellungen entfernt, vor allem im Bürgermeisteramt gab es zahlreiche Kündigungen, Beurlaubungen und Entlassungen. Die Organisationen der Gewerkschaften waren bereits 1933 aufgelöst worden. Die politischen Parteien hatten sich noch im selben Jahr unter dem Druck der nationalsozialistischen Führung selbst aufgelöst. Die Tätigkeit der konfessionellen Jugendverbände wurde 1934 stark eingeschränkt. 1938 traf das Schicksal der Auflösung auch den Jungmänner-Verein und den Ketteler-Verein. Ihre Stelle nahmen jetzt die nationalsozialistischen Organisationen ein.
Schon 1929 waren in Würselen und Morsbach Ortsgruppen der NSDAP gegründet worden, die 1935 zu einer Ortsgruppe zusammengefasst wurden. Formationen der SA und SS, der Hitlerjugend und andere politischer Verbände vervollständigten das Erscheinungsbild der herrschenden Staatspartei.
1936 werden die im Landkreis Aachen vertretenen nationalsozialistischen Einrichtungen in Würselen zusammengefasst. Würselen wird Sitz der Kreisleitung der NSDAP im Landkreis Aachen. Ein Jahr später lässt sich auch die Bannstelle des HJ-Bannes Aachen-Land in Würselen nieder. Damit ist die Stadt in den Mittelpunkt des politischen Lebens im Landkreis Aachen gerückt - eine zweifelhafte Ehre, wenn man bedenkt, wie sich der nationalsozialistische Geist in den verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens auszuwirken begann.
Es gab ja nicht nur Fackelzüge und Sprechchöre, Maifeiern und Kinderlandverschickungen Winterhilfssammlungen, Tage der Wehrmacht und Eintopfsonntage. Das alles nimmt sich noch vergleichsweise harmlos aus gegenüber der völligen politischen Gleichschaltung auf allen Gebieten, gegenüber Verleumdungen und Denunziantentum und der absoluten Unterdrückung jeder irgendwie anders gearteten politischen Meinung.
Alle Beamten und Lehrer sind zum Hitlergruß verpflichtet, die Lehrer müssen ihren Eid auf den Führer ablegen, aus den Klassenzimmern verschwinden die Kruzifixe, Geistliche dürfen keinen Religionsunterricht in den Schulen mehr erteilen. Aus den Amtssiegeln wird das Stadtwappen herausgeschnitten und durch den Reichsadler mit Hakenkreuz ersetzt, zahlreiche Plätze und Straßen werden umbenannt und führen jetzt die Namen der politischen Größen des Dritten Reiches
Bald schon gehören zu den Erscheinungsformen, in denen sich das neue Reich verkörpert, auch die Folgen des Zweiten Weltkrieges, die Brot-, Fett-, Zucker, Fleisch und Nährmittelkarten, die nächtlichen Fliegeralarme, das Dröhnen der Flakgeschütze. Bald schon werden Anordnungen erforderlich wie diese: dass bei einer Entwarnung nach Mitternacht am nächsten Vormittag der Unterricht in den Schulen ausfällt.
Bald werden die Schulsäle mit Soldaten belegt oder mit Männern der Organisation Todt, die am Westwall arbeiten. Bald gibt es im Rahmen einer „allgemeinen Reichsaktion“ einen Befehl zum Abtransport aller in Würselen ansässigen Juden nach Haaren-Hergelsmühle, von wo aus ihr weiteres Schicksal ins Ungewisse führt.
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