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Seite 203 bis 204

 

Maibrauchtum und Jungenspiele in Würselen

Die Geschichte der Maibräuche und der Jungenspiele in unserer Stadt ist einige Jahrhunderte alt. Es ist jedoch nicht mehr möglich, genau festzulegen, wann genau das alles angefangen hat.

Rückblicke in die Geschichte

Heimatforscher und Historiker haben das Maibrauchtum unserer Region weit zurückverfolgt und Belege dafür gefunden, dass sich etwa im 13. und 14. Jahrhundert die Maibräuche so geändert haben, dass wir die Wurzeln unseres heutigen Brauchtums erkennen können.

Heimatforscher Dr. Oellers 1913: „Im 13. und 14. Jahrhundert trat an die Stelle des Wettkampfes zwischen Sommer und Winter etwas ganz Neues: Das Herbeiholen und Aufpflanzen des Maibaumes, der das Symbol der Fruchtbarkeit und Gesundheit darstellen sollte, und der nicht, wie es heute der Fall ist, eine hohe schlanke Tanne, sondern eine stattliche Birke war. Diese wurde feierlichst unter Gesang und Reigentänzen vom Walde herbeigeholt, mit Bändern und Blumen aufgeputzt, alsdann in Prozession von Haus zu Haus getragen und schließlich auf dem Hauptplatz des Ortes aufgepflanzt. Nach dieser feierlichen Zeremonie begannen die üblichen Spiele, an denen Jung und Alt in ausgelassener Stimmung teilnahmen.“

Dr. Schiffers, ein Historiker, nennt das Jahr 1224 als Zeitpunkt der ersten Erwähnung eines Maibaumsetzens in Aachen. Notiert hatte dies ein Mönch, dem „ein frommer und gelehrter Mann“ berichtet hatte, wie man in Aachen auf Geheiß des Pfarrers „den Baum wie auch andere Kränze hatte abhauen lassen“, der Vogt der Stadt jedoch befahl, „alsbald einen noch höheren Baum aufzurichten.“

Aachener Ratsprotokolle

Im 17. und 18. Jahrhundert läßt sich die Spur des Maibrauchtums in Aachen und Würselens Dörfern (Aachener Reich) weiterverfolgen. In einem Protokoll vom 10. 6. 1661 über die Sitzung des Aachener Rates steht:

„Meyspiel. zufolg E.E. Raths voriger Uberkömbsten sollen alle Meispiell und Dantzen uff ofnen straßen und andere exorbitantien mit schießen und Maysetzen verbotten sein, und solches sowoll in der Statt alls im gebith Aach notificirt werden unter straff von 3 goltguld.“

Das 19. Jahrhundert

Die Tradition setzte sich fort, wenn sich das Brauchtum natürlich - damals wie heute - auch wandelte. Im Heimatbuch der Stadt Würselen von 1928 erwähnt der Heimatkundler Karl Corsten zwar das Verbot des Maisingens durch preußische Beamte, kann aber mit Anekdoten belegen, dass sich die Würselener an dieses Verbot nicht hielten.

Da wurden Polizisten in die Irre geführt oder gar eingesperrt, und »unterdessen war draußen der Maibrauch vor sich gegangen, und zum Schlusse hatte man sich in Gruppen zum üblichen Eierkuchenessen mit gemütlichem Umtrunk versammelt. « In der Chronik der Bürgermeisterei Würselen finden sich ebenfalls Hinweise auf dieses alte Brauchtum, etwa 1865:

„In der Nacht vom 6ten auf den 7ten Mai hatten sich mehrere junge Leute aus verschiedenen Ortschaften der Gemeinde zusammengethan, um das altherkömmliche, in Unfug ausgeartete Mailehen Ausrufen vorzunehmen.“

Wie es früher war

Noch einmal soll Karl Corsten mit einem Teil seines Aufsatzes für das Heimatbuch der Stadt Würselen (1928) zitiert werden, in dem er die Jungenspiele (Jünglingsspiele) um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert beschreibt:

„Es erübrigt sich zum Schlusse noch, auf die Jünglingsspiele zu sprechen zu kommen, wie sie hier alter Brauch sind. Wir sind heute wieder mit Recht stolz auf die politische Einigung der verstreut liegenden Ortschaften Oppen, Haal, Drisch, Dobach, Grevenberg, Scherberg, Elchenrath, Morsbach mit all ihren interessanten Flurbezeichnungen zu einer kommunalen Verwaltungseinheit der Stadt Würselen. (Karl Corsten vergisst in dieser Aufzählung Schweilbach, Bissen und den ‚Weiler‘ Neuhaus; sicher gelten seine Ausführungen für alle Würselener Stadtteile, auf seinen Fehler sei daher hier hingewiesen. Der Autor)

Die oben genannten Dorfteile führten damals ein viel eigenwüchsigeres Leben mit traditionsgewachsener, reich-differenziert-seelischer Ausprägung. Jede Dorfschaft hatte ihr eigenes Jünglingsspiel und bildete eine Familie für sich und nur die Jugendlichen derselben hatten ein Recht, an diesem Spiel teilzunehmen. ( . . . ) Der Dorfteil Würselens, der in einem Jahre den Schützenkönig in seinen ‚Mauern‘ beherbergte, stellte ein besonderes Spiel, ‚das Königsspiel‘ auf. Während seiner Regierungszeit bildete das ‚Königsspiel‘ das Gefolge bei festlichen Anlässen. Am Sonntagmorgen der Frühkirmes aber traten alle Jungenspiele in Tätigkeit; unter den sich verirrenden Klängen einer je nach dem Vermögen der Gesellschaft mit reicher oder ärmlicher Besetzung an Instrumenten ausgestatteten ‚Blechmusik‘ zogen alle zum Zentralpunkt Würselens, der uralten Pfarrkirche zum hl. Sebastian, die mit ihrem schlanken Turme und später auch mit ihrer imposanten Kuppel, das weithin sichtbare Wahrzeichen, wenigstens der religiösen Einheit unserer Heimat bildete. Mit wehendem Banner an der Spitze, zogen der Maikönig, ein goldenes Kränzlein am Zylinder, in Begleitung des Maiknechtes und dahinter die Jungen, alle mit Strohhüten und farbigen Schärpen bekleidet, unter dem Juhu und Pritschenschlag der Pritschenmeister, die in tollsten Sprüngen vor und neben dem Zuge die Aufmerksamkeit und das Erstaunen der Zuschauer erregten, während des Hochamtes zum Gotteshause.

Die meisten ‚Jonges‘ trugen das Gedenken an den Maischatz, den man nachher im Arm unter Musikklängen durch die Straßen führen würde, in guter Erinnerung.“

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Jungenspiel 1893

Das derzeit bekannte älteste Bild zum Würselener Brauchtum "Jungenspiele": Schweilbacher Jungenspiel im Jahr 1893.

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Kirmes 1930

Seit 1927 fand die Würselener Kirmes auf einem Platz an der unteren Neuhauser Straße statt (Aufnahme etwa um 1930).

Über die erste Kirmes auf dem neuen Platz konnte man in der Presse lesen:

„Auf der diesjährigen Salmanusmesse herrschte infolge des schönen Maiwetters flottes Leben und Treiben. Auf der Kirmes waren viele Schausteller vertreten. Man konnte allein vier Schiffsschaukeln zählen. Der neue Kirmesplatz hat sich als zweckmäßig erwiesen. Besonders die Aufstellung der Schaubuden usw. war zweckentsprechend geregelt. Sonntag war der Andrang zum Kirmesplatz sehr stark. Schätzungsweise waren 10.000 Besucher, darunter viele Auswärtige, anwesend. Bei dem starken Besuch war der Platz noch etwas klein, hoffentlich wird es der Stadtverwaltung gelingen, ihn durch einige anschließende Wiesen zu vergrößern. Verkehrsstockungen, die in früheren Jahren auf dem Lindenplatz öfters zu verzeichnen waren, traten nicht ein. Allem Anscheine nach waren die Besucher mit den Darbietungen recht zufrieden. Man konnte vernehmen, dass die Schausteller, besonders die Fahrgeschäfte, einen guten geschäftlichen Erfolg erzielt hatten. Auch die Wirtschaften und Tanzsäle waren überfüllt. Viele Auswärtige besuchten am Sonntag das feierliche Hochamt zu Ehren des hl. Bekenners Salmanus. Rektor i. R. Phlips hat über das Leben des Heiligen eine kleine Schrift herausgegeben.“

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